Who the fuck is Macarena?

©Jörg Baumann

Angefangen beim Ententanz über den Time Warp oder die YMCA – Formation, den „Pulp Fiction“ – Dance oder den Lambada – Hüftschwung bis hin zu Sommerhits wie „Macarena“ – das kollektive Gedächtnis einer gesamten Generation ist voll mit Tänzen, Gesten und Bewegungen, die wir uns aus Kino und Fernsehen abgeschaut und die sich tief in unser Bewegungsrepertoire eingebrannt haben. Doch in welchem Verhältnis stehen diese gemeinsamen Erinnerungen zu den individuellen Erlebnissen, die wir damit verbinden, und somit auch zu unserem persönlichen Körpergedächtnis? Was macht den Lustgewinn am Gruppentanz aus – und warum fühlt man sich sofort verlassen, wenn man als einziger einer Gruppe die Schrittfolgen nicht beherrscht?

In Interviews und Gesprächen mit Tänzern und Nicht-Tänzern wurden Erinnerungen an kollektive und individuelle Tanzerfahrungen gesammelt. Der Fokus lag dabei nicht darauf, Bewegungsabläufe oder Gesten möglichst korrekt und vollständig zu erinnern, sondern auf dem sehr persönlichen und subjektiven Versuch der Rekonstruktion und dessen Scheitern.

Who the fuck is Macarena? möchte ausgehend von dieser Sammlung mindestens ebenso viele individuelle Geschichten erzählen und tanzen. Eine Gruppen-Choreographie der Zukunft soll entstehen – mit Brüchen, Leerstellen, Widersprüchen und Irritationen.

KONZEPT/UMSETZUNG: Sarah Bonnert & Susanne Zaun

MIT: Lina H., Enad Marouf, Annika Scheffel, Victoria Söntgen & Romain Thibaud-Rose

BÜHNE/KOSTÜM: Sarah Bonnert & Anna Teuwen

SOUNDDESIGN: Friederike Kenneweg

LICHT: Jesica Janßen

MENTOR: Gerald Siegmund

DRAMATURGISCHE BERATUNG: Philipp Schulte

URAUFFÜHRUNG: 17. September 2009, Mousonturm, Frankfurt/ Main

WEITERE AUFFÜHRUNGEN: 18./19. September 2009

PRESSE: 

„ … Susanne Zaun, die in Gießen und Norwegen studiert und schon einige Aufführungen herausgebracht hat, ist es gewöhnt, dass man „alles selbst machen muss“, von Geldbeschaffung bis zur Beleuchtung. Im Rahmen von PET (Projektensemble Tanz) kann sie nun zusammen mit der Theaterwissenschaftlerin Sarah Bonnert und fünf (Laien-)Tänzern (plus Kostümbildnerin, plus Sounddesignerin, plus Beleuchterin) ein Konzept umsetzen, mit dem sich die beiden Frauen beworben hatten (47 Teams hatten sich insgesamt beworben!): „Who the fuck is Macarena?“ untersucht, welche Bewegungserinnerungen der Körper speichert – Gesten, Partytänze, „Dirty Dancing“ oder „Time Warp“. Welche Aspekte des Originals werden vergessen, was wird verändert, so lauten unter anderem die Fragen, die die Theatermacherinnen sich und ihren Akteuren stellen. Dabei arbeiten die zwei zuerst mit jedem alleine, die jeweils spezifische Erinnerung sollte nicht verfälscht werden. …“

Sylvia Staude, Frankfurter Rundschau, 18. August 2009

Weiße Luftballons kullern, von Ventilatoren angetrieben, auf der Bühne herum. An Schneemänner erinnert die Reihe von fünf Ballongestalten. Stimmen aus drei Kassettenrekordern – dinosaurierähnliche Technik aus prädigitalen Zeiten – künden von Erinnerungen an Tanz-Hits, deren Saison Jahrzehnte zurückliegt. Das Arrangement in Weiß kommt anfänglich einer Kunstinstallation nahe.

Who the fuck is Macarena?“, das im Studio gezeigte Stück eines unter dem neutralen Signum Projektensemble PET 3 und 4 firmierenden Doppelabends im Frankfurter Mousonturm, macht sich die Erfahrung des Gruppentanzes zum Motiv. Tanzfilme oder die Choreografien von Popkünstlern liefern in der heutigen Tanzboden-Variante das Anschauungsmaterial. Die Schnipsel von Interviews mit Tänzern und Nichttänzern verdichten sich in der Arbeit von Sarah Bonnert und Susanne Zaun zu einer Polyphonie der Stimmen. Es ist viel beiläufige Komik im Spiel, wenn es um die Rekonstruktion von Schrittfolgen geht. Die Texte gehen über auf die fünf Tänzerinnen und Tänzer, die sich nach und nach aus den Ballonfiguren herausschälen.

Das gemeinschaftliche Vergnügen, um das es im Gruppentanz geht, ist natürlich alles andere als frei von Zwängen: Es ist auch das Verhältnis von Individuum und Kollektiv, das hier untersucht wird, im Zuge einer so flockigen wie substanziell solide untermauerten Show. …“

Stefan Michalzik, www.op-online.de 19. September 2009

„ … Wie übergroße Albino-Trauben stecken die fünf Tänzer in ihren Kostümen aus lauter weißen Ballons im weißen Studioraum, in dem weitere Ballons verteilt sind. Ventilatoren versetzen die Bühne (und Kostüme: Sarah Bonnert, Anna Teuwen) in gelinde Bewegung. Allmählich werden menschliche Laute im Off zu Wörtern, Halbsätzen, Aussagen. Als die Vokalisenmusik abbricht, beginnen die „Trauben“ zu tanzen, strecken die Arme unter den Ballons hervor, streifen die Kostüme ab. Der Rest ist eine Folge launiger, auch traumhafter Erinnerungen und Fantasien rund ums Tanzen in alltäglichen Situationen nebst Discomusik und Tonbandkassetten. Eine professionell gemachte Luftblase mit wohlreflektierten Hintergedanken, die sich unter aller Komik und Leichtigkeit fast zu gut versteckten. …

Frankfurter Neue Presse, 19. September 2009

„ … In „Who the fuck is Macarena?“ schweben beim Betreten des Studios, leise von Ventilatoren bewegt, weiße Luftballonberge auf dem weißen Tanzboden. Aus einer Sprachcollage kommt man schnell zum Thema des Abends: Tanz. Wie war das, als man das erste Mal in einer Disco war? Wie fühlt sich die Party kurz vor Schluss an, wenn alle Knochen weh tun, aber man doch immer weiter Spaß haben will? Und was ist das Schöne an Kollektivtänzen wie Macarena, „YMCA“ oder dem Ententanz, von denen man als Individualist mit Geschmack doch nie zugeben würde, dass man sie mitmacht oder auch nur kennt? Mit viel bekannter Gute-Laune-Musik, in raffinierten Luftballonkleidern und mit Kassettenrecordern führt „Who the fuck is Macarena?“ vor, wie das Dazugehören und Am-Rande-Stehen, das Identifizieren über Tanz und das Amüsieren auf Partys funktionieren. Und ist dabei immer so ironisch kopflastig, dass gleichzeitig eine gutmütige Satire auf die Denkprozesse hinter Tänzers Stirne entsteht. …

Eva-Maria Magel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. September 2009

eine Produktion von Tanzlabor 21