Alte Stadt aus neuen Häusern

Dort, wo das Technische Rathaus bis 2010 stand, klafft seit über einem Jahr eine Baulücke, die sich täglich zu vergrößern scheint. Das Technische Rathaus, das in den 70er Jahren auf die Dominsel gebaut wurde, ist eines der umstrittensten Bauwerke der Frankfurter Architekturgeschichte. Schon in seiner Planung manifestierte sich ein heftiger Bürgerprotest in Form von über 20.000 Unterschriften. Allen voran machte der Bürgerverein Freunde Frankfurts, der sich gegen den Bau des Technischen Rathauses auflehnte, durch einen Alternativentwurf von sich reden. Trotzdem wurde das Technische Rathaus wie geplant gebaut und überlebte knapp 30 Jahre, bis die Stadt 2005 den Abriss des Gebäudes beschloss. Der gewonnene Freiraum soll nun mit einer Teilrekonstruktion der im Krieg zerstörten Frankfurter Altstadt bebautwerden.

Auf diesen Übergangsprozess zwischen Ende und Neuanfang richtet die Frankfurter Künstlerin und Theaterwissenschaftlerin Sarah Bonnert mit Ihrem Langzeitprojekt Alte Stadt aus neuen Häusern ihr Augenmerk. Seit dem 4. Januar 2010 dokumentiert sie den Abriss des Technischen Rathauses und die Bauarbeiten rund um Dom und Römer mit zwei fest installierten Kameras, die sich jede Stunde ein Bild von der Umstrukturierung machen. Neben der Dokumentation auf der Bildebene hält die Künstlerin durch regelmäßig geführte Interviews mit Frankfurter Bürgern die persönlichen Beziehungen und Erinnerungen an das Technische Rathaus und den individuellen Blick auf den Platz zwischen Dom und Römer fest.

Bebauung, Zerstörung, Abriss, Bewahren und Erinnern sind Themen, die ihrArbeiten prägen. In Ihrem Projekt geht es Ihr um eine Vergegenwärtigung des Abwesenden, um ein Zurückholen des Verschwundenen. Von einem dokumentarischen Ansatz mit Fotografien und Interviews ausgehend, bewegt sich das Projekt durch die künstlerische Auseinandersetzung hin zu den persönlichen Gefühlen und Erinnerungen. Erinnerungen an das Abwesende. Fotos, Filme und Interviews dienen zur Sicherung der Spuren des Entschwindenden oder bereits Vergangenen. Erst die Entfernung des Technischen Rathauses hat es wieder ins Bewusstsein gerufen und ihm als Abwesenden Präsenz verliehen.

In der ersten Arbeitsphase des Projektes sind mit AugenblicklichAUFBRUCH/ABBRUCH und Das Verschwinden Zeichnen drei künstlerische Arbeiten entstanden, die sich auf unterschiedliche Weise mit dem Abriss des Technischen Rathauses auseinandersetzen.

Mit Beginn des Wiederaufbaus der „neuen“ Frankfurter Altstadt im Sommer 2012, beginnt die zweite Arbeitsphase von Alte Stadt aus neuen Häusern. Die beiden Kameras werden weiterhin täglich ihre Bilder machen und die Verwandlung aufzeichnen und auch die Gespräche gehen weiter. Der Blickpunkt auf die Umstrukturierung ist jedoch ein anderer. War in der ersten Arbeitsphase der Blick verstärkt auf den Abriss gerichtet, wird er nun auf den Wiederaufbau gelenkt.

Konzept/ Umsetzung: Sarah Bonnert

Video: Sarah Bonnert, René Liebert

Ton: Sarah Bonnert, Björn Deigner, Christian Fleißner

PRESSE:

„… Sarah Bonnert betrachtet in ihrem Langzeitprojekt Alte Stadt aus neuen Häusern die Entwicklung zwischen Dom und Römer. Die Künstlerin gibt der Veränderung dieses Ortes ein ganz individuelles Gesicht. Durch das Verschwinden des Technischen Rathauses und den Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt wird ein zentraler Ort dramatisch verändert. Diesem Übergangsprozess zwischen Ende und Neuanfang schenkt Sarah Bonnert ihr Augenmerk.

Seit dem 4. Januar 2010 dokumentiert sie den Abriss des Technischen Rathauses und die Bauarbeiten auf dem Dom-Römer-Areal mit zwei fest installierten Kameras von immer gleich bleibenden Standpunkten aus. Geplant ist, dass diese Fotodokumentation noch über die kommenden Jahre hinweg fortgesetzt wird. Der Künstlerin geht es in ihrer Arbeit um die persönlichen Erinnerungen an das und Beziehungen zum Technischen Rathaus sowie die Erwartungen und Wünsche der Bürger an die Neubebauung.

Eines der Ergebnisse ihrer Arbeit ist ein Daumenkino. Es zeigt das Verschwinden des Technischen Rathauses aus dem Stadtbild, beginnend mit einer der letzten Ansichten des noch vollständig erhaltenen Gebäudes und endend mit dem heutigen Status. …“

Dom Römer Zeitung, April/Mai 2011, S.4.

Mit ihrem Langzeitprojekt leistet die Künstlerin Sarah Bonnert einen wichtigen Beitrag für die Stadt Frankfurt und die hier lebenden Menschen.

Sie betrachtet die Entwicklung auf dem DomRömer-Areal mit ihren eigenen Augen. Sie geht auf Distanz und dann wieder ganz nah heran. Sie sieht das große Ganze und beobachtet kleine Details. Sie spürt der Vergangenheit auf und blickt vorsichtig in die Zukunft. Sarah Bonnert interessiert sich für den Ort und die dort lebenden Menschen.

Seit über zwei Jahren bereits dokumentiert die Künstlerin den Übergang vom Technischen Rathaus zur neuen Altstadt. Mit der nun beginnenden Bauphase geht ihr Projekt Alte Stadt aus neuen Häusern in die zweite Arbeitsphase. … Die Künstlerin will sich verstärkt mit den Erwartungen, Wünschen und Bedürfnissen an die neue Altstadt auseinandersetzen. …“

Dom Römer Zeitung, Februar/März 2012, S.6.

weitere Informationen finden Sie unter: www.aufbruch-abbruch.de

Mit freundlicher Unterstützung durch die Evangelische Stadtakademie Römer 9, das Kulturamt der Stadt Frankfurt, die Hessische Theaterakademie und das Institut für Angewandte Theaterwissenschaft Gießen