Nacht mit weißen Hemden

©Bonnert/Offert

“Nacht mit weißen Hemden” setzt sich in sieben Bildern mit dem Traum und seinen Strukturen auseinander. Verschiebung und Verdichtung, Metapher und Metonymie, formen die Performance zur SÉANCE. Der eigentliche Analysand der Sitzung ist nur durch seine Stimme anwesend. Sein pathologischer Zustand wird übertragen auf den Zuschauer. Das Stimmverhältnis verkehrt sich: es ist nicht mehr der Analysand, der fremde Stimmen hört, sondern es sind die Zuschauer, die, als dem Analysanden Fremde, seine Stimme, die monotone Stimme eines alten Mannes, vom Kassettenrekorder vernehmen. In der Ferne scheint der Dschungel zu beginnen. Erinnerungen tauchen auf. An Schwimmbadbesuche? An Gasangriffe? Es manifestiert sich das Museum der bürgerlichen Psychose.

KONZEPT/ UMSETZUNG: Sarah Bonnert & Fabian Offert

SPRECHER: Dr. Wilhelm Wöllert

URAUFFÜHRUNG: 14. Juni 2008 Institut für Angewandte Theaterwissenschaft

WEITERE AUFFÜHRUNGEN: 5. Juli 2008 zeitraumexit, Mannheim

PRESSE:

„… Katzenaugen oder ein Nachtsichtgerät hätte man sich gewünscht – stattdessen musste man sich in Geduld üben und den Zauber der Dunkelheit genießen, den drei Inszenierungen der „Theatermaschine“ jeweils sehr unterschiedlich für ihre Zwecke einsetzten.

„Nacht mit weißen Hemden“ – ein Projekt von Sarah Bonnert und Fabian Offert – fand am Samstag auf der Probebühne in nahezu vollständiger Finsternis statt. Die Zuschauer werden mit der aus Lautsprechern übertragenen Stimme eines alten Mannes alleingelassen, der in sieben Bildern bzw. „Sitzungen“ einen Traum erzählt – Szenen einer Psychoanalyse, zu deren Analysand das Publikum selbst wird. Kurz flackernd oder schwach aufblendend geben Scheinwerfer von Zeit zu Zeit eine Ahnung von verschiedenen skurrilen Gegenständen auf der Bühne, die – verstörenden Traumbildern ähnlich – wie Inseln in der Dunkelheit erscheinen: Ein in einem Eisblock eingefrorener Hase im Aquarium, ein grüner Pflanzenwald, eine Reihe aufgehängter weißer Hemden – das „Museum der bürgerlichen Psychose“. Diese beunruhigenden Bilder, die schneller wieder verschwinden, als man sicher sein kann, sie gesehen zu haben, erhalten noch beunruhigendere Kommentare auf der Geruchsebene – riecht es wirklich nach verbranntem Fleisch? Nach Waschmittel? Nach Chlor?

Anna Teuwen, Gießener Allgemeine, 18. Juni 2008

 

Verzaubert und verwirrt, entzückt und gequält, teilhabend und voyeuristisch fand man sich am Wochenende im Zeitraumexit wieder. Dort ereignete sich zum nunmehr siebten Mal das Aktionskunstfestival „frisch eingetroffen“. Es hat sich zur Aufgabe gemacht, dem Nachwuchs der darstellenden Kunst neben einem Raum vor allem auch ein Publikum zu bieten.

Auch in diesem Jahr verstanden es die Initiatoren erneut, mit den gezeigten Darbietungen der international ausgewählten Künstlerinnen und Künstler ein vielseitiges und unterhaltsames Programm zu gestalten. Mühelos gelang es den Schaffenden, durch ihre experimentellen Arbeiten die Besucher des ausverkauften Spektakels in ihren Bann zu ziehen.  …

Der Installation „Nacht mit weißen Hemden“ (Sarah Bonnert und Fabian Offert) gelang es, die Gäste, über akustische, visuelle und Geruchsreize, die quälenden Empfindungen ihres Protagonisten nachfühlen zu lassen. …“

Dennis Baranski, Mannheimer Morgen, 9. Juli 2008

 

Mit freundlicher Unterstützung durch das Institut für Angewandte Theaterwissenschaft Gießen & das Kulturamt der Stadt Giessen.